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Protest gegen NATO und EU

10000 Serben bei Kundgebung in Belgrad: Gedenken an Opfer des Krieges 1999 und Kritik an EU-Orientierung der Regierung Von Werner Pirker, Belgrad Aus junge Welt vom 26. März 2009 Trotz recht kalten Wetters fanden sich am Dienstag abend an die 10000 Menschen zu einer Kundgebung auf dem Belgrader Platz der Republik ein in Erinnerung an […]

10000 Serben bei Kundgebung in Belgrad: Gedenken an Opfer des Krieges 1999 und Kritik an EU-Orientierung der Regierung

Von Werner Pirker, Belgrad

Aus junge Welt vom 26. März 2009

Trotz recht kalten Wetters fanden sich am Dienstag abend an die 10000 Menschen zu einer Kundgebung auf dem Belgrader Platz der Republik ein in Erinnerung an den Beginn des NATO-Bombardements vor zehn Jahren. Das von der »Serbischen Volksbewegung« organisierte Gedenken verband sich mit Protest gegen die gegenwärtige Politik des Westens als Fortsetzung der antiserbischen Aggression mit anderen Mitteln, was in der völkerrechtswidrigen Lostrennung der Kosovo-Provinz von Serbien ihren Höhepunkt fand. Die Kritik der Kundgebungsteilnehmer richtete sich aber auch gegen die Anpassungspolitik der von Mirko Cvetkovic angeführten serbischen Regierung an das neoliberale Globalisierungsregime. Das betrifft vor allem das Bestreben der Koalition aus Liberalen und Sozialisten nach einem Beitritt zur EU. Als Alternative zur West¬orientierung der herrschenden Eliten forderten die Demonstranten ein enges Bündnis mit Rußland, wie überhaupt die Kundgebung emotional von der Beschwörung der serbisch-russischen Freundschaft geprägt wurde. Der russische General Leonid Iwaschow konnte in seiner Rede unter dem Jubel der Kundgebungsteilnehmer die von ihm befehligte bravouröse Einnahme des Flughafens der Provinzhauptstadt Pristina im Juni 1999 vor dem Eintreffen der NATO-Truppen als Freundschaftsbeweis anführen.

Ramsey Clark, der ehemalige Justizminister der USA, beklagte die an der Bevölkerung Jugoslawiens und anderer Länder begangenen Verbrechen seines Landes und forderte die Auflösung der NATO, die er als »verbrecherische Organisation« bezeichnete. Klaus Hartmann, Vorstandsmitglied des »Internationalen Komitees zur Verteidigung von Slobodan Milosevic«, verwies auf die Skandalurteile des Haager UN-Tribunals gegen die politische und militärische Führung des angegriffenen Landes. Hartmann forderte die Auflösung des Tribunals, die Freilassung aller Gefangenen und die »Aufklärung des Mordes an Slobodan Milosevic«. Der ehemalige Präsident Jugoslawiens war im Oktober 2000 in der vom Westen unterstützten »Bulldozerrevolution« gestürzt und im Juni 2001 nach Den Haag verschleppt worden, wo ihm vor dem NATO-finanzierten Tribunal der Prozeß gemacht wurde. Am 11. März 2006 wurde Milosevic tot in seiner Zelle im Gefängnis des UN-Tribunals aufgefunden.

Überschattet wurde die Veranstaltung am Dienstag abend in Belgrad von schwarz gekleideten Provokateuren, die sich mit chauvinistischen Slogans wie »Tötet alle Albaner« bemerkbar machten und die Rede des serbischen Philosophen und früheren sozialistischen Spitzenpolitikers Mihailo Markovic mit Pfiffen und der Parole »Wir wollen keine Kommunisten« empfindlich störten.

URL: http://www.jungewelt.de/2009/03-26/055.php

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