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Passend zur Kriegszeit: Breitseiten gegen die Friedensbewegung

Aus: „Freidenker“ (Nr. 1-2015) Von  Klaus Hartmann (17. Februar 2015) Vorsitzender des Deutschen Freidenker-Verbands Die Bedrohung des Weltfriedens ist mit der NATO-Aggression in der Ukraine und der psychologischen Kriegsführung gegen Russland erheblich gewachsen. Die Aktions- und Mobilisierungsfähigkeit der Friedensbewegung ist der Bedrohung völlig unangemessen. Als mit den „Montagsmahnwachen für den Frieden“ nach Beginn der Ukraine-Krise […]

Aus: „Freidenker“ (Nr. 1-2015)

Von  Klaus Hartmann (17. Februar 2015)
Vorsitzender des Deutschen Freidenker-Verbands

Die Bedrohung des Weltfriedens ist mit der NATO-Aggression in der Ukraine und der psychologischen Kriegsführung gegen Russland erheblich gewachsen. Die Aktions- und Mobilisierungsfähigkeit der Friedensbewegung ist der Bedrohung völlig unangemessen. Als mit den „Montagsmahnwachen für den Frieden“ nach Beginn der Ukraine-Krise neue Akteure auf den Plan traten, wurde darauf von linken Organisationen und Parteien sowie Instanzen der ‚traditionellen‘ Friedensbewegung überwiegend mit Skepsis, Kritik und Ablehnung reagiert.

Anstelle von Freude darüber, dass bisher nichterreichbare Menschen die Kriegsgefahr wahrnehmen, den antirussischen Kampagnen die Gefolgschaft verweigern und in Bewegung kommen, erweckten viele Linke den Eindruck, als würden sie eine unliebsame Konkurrenz erblicken, die sich anmaßte zu demonstrieren, ohne dafür von den ‚Zuständigen‘ eingeladen worden zu sein.

Stichwortgeberin der Kritik war zuerst die Frankfurter Stadtverordnete Jutta Ditfurth, die die ‚neue Friedensbewegung‘ als „neurechts“ klassifizierte und die Mahnwachen als „Wahnmachen“ und „Wahnwichtel“ verächtlich machte. Dass sie für ihre Attacken die Herrschaftsmedien (3sat-Interviews) nutzte, die ihr bereitwillig ein Podium boten, hat auf linker Seite kaum jemand gestört geschweige denn problematisiert. Der Kasseler Friedensratschlag-Sprecher Strutynski setzte anfangs noch die Lüge drauf, die neue Bewegung sei von der NPD ins Leben gerufen.

Tatsächlich sehen jene Friedensfreunde ziemlich alt aus, die offenbar nicht erkennen können oder wollen, dass im Zeitalter von Neuen Medien und sozialen Netzwerken (neben vielen Nachteilen und Risiken) auch neue Möglichkeiten entstanden sind, sich zu informieren, zu vernetzen und sich zur Aktion zu verabreden. Es ist aber wenig intelligent, den Merkel-Spruch „Das Internet ist für uns alle Neuland“ auch noch selbst zu beglaubigen.

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Im gleichen Sinne haben sich andere Autoren geäußert, deren nachstehend erläuternd aufgeführte Stellungnahmen zur vertieften Lektüre empfohlen werden:

 

1. FÜR EINEN HUMANISTISCHEN GRUNDKONSENS!
Offener Brief an die Organisatoren und Teilnehmer der Erfurter Mahnwache
von Lea Frings, Ken Jebsen, Marsili Cronberg, Pedram Shahyar, Prinz Chaos II. Rüdiger Lenz (25. Mai 2014)
2. ZUR AUSEINANDERSETZUNG UM DEN „FRIEDENSWINTER 2014/2915“:
CUI BONO?
von Doris und George Pumphrey, Berlin (12. Februar 2015)

Anlass der Stellungnahme ist eine Einlassung von Frank Brendle. Dieser bezieht sich auf ein Interview, das Ken Jebsen mit Reiner Braun (Sprecher der Kooperation für den Frieden), Lea Frings (Mitglied der neuen Friedensbewegung) und Michael Müller (ehemaliger Umweltstaatssekretär – SPD) geführt hat.  Dazu schreibt Brendle in einer Email vom 1. Dez. 2014: „So ungefähr ab Minute 13 plädiert Lea Frings für einen „kritisch-solidarischen“ Umgang mit Nazis. Und gegen ihre Ausgrenzung (…) Da bleib ich doch lieber unsolidarisch“.
Dagegen Doris und George Pumphrey: „… um zu wissen, was Lea meint, genügt es nicht, das Video ab Minute 13 zu sehen. Aus dem Kontext herausgenommen entsteht nämlich eine Verkürzung, die Leas Meinung verfälscht. Es geht Lea offensichtlich nicht um den kritisch-solidarischen ‚Umgang mit Nazis‘ per se. Sie betont, dass es nicht um die Akzeptanz und Respektierung faschistischer Ansätze geht, sondern darum, diesen Tendenzen entgegenzuwirken. ‚Wir müssen in ihren Köpfen etwas ändern, denn da ist ja offensichtlich in ihrer gesellschaftlichen Sozialisation etwas schief gelaufen‘. Sie plädiert dafür, jene, die von der rechten Ideologie beeinflusst sind, nicht auszuschließen oder zu denunzieren, denn das würde nur zu ihrer weiteren Radikalisierung führen. Man müsse dem entgegenwirken, indem man ‚kritisch aber solidarisch mit ihnen redet‘. Das ist etwas anderes als Franks Verkürzung.“
Die Autoren verweisen auf den Aufruf von 60 Prominenten „Wieder Krieg in Europa? Nicht in unserem Namen!“ und schreiben: „Man muss nicht alle Punkte in der politischen Einschätzung in ihrem Aufruf teilen. Aber wer in der Friedensbewegung könnte nicht die Forderungen dieser Prominenten unterschreiben, die Konfrontationspolitik und Dämonisierung Russland zu beenden und den gleichberechtigten Dialog mit der russischen Regierung zu suchen? Und wenn einige von ihnen mit uns auf die Straße gingen, um gegen die Gefahr eines neuen Weltkriegs zu demonstrieren, würden wir uns dann von ihnen distanzieren, sie denunzieren, würden wir der Demonstration fern bleiben? Stärkt die deutliche Stellungnahme dieser Prominenten nicht unseren Widerstand gegen die Kriegs- und Konfrontationspolitik?
Gleichzeitig zelebrieren nicht wenige in der ‚alten‘ Friedensbewegung Distanzierungen von Vertretern der ‚neuen‘ Friedensbewegung, obwohl diese – im Gegensatz zu einigen Unterstützern des Aufrufs der Prominenten – keine Kriegsverbrechen und massives Unrecht zu verantworten haben. Sie wollen nicht mit Vertretern der ‚neuen‘ Friedensbewegung reden und mit ihnen gegen den Krieg auf die Straße gehen, obwohl sie gemeinsame Forderungen haben. Erinnert ein derartiges Herangehen innerhalb der Friedensbewegung nicht an die Methode der westlichen Kriegstreiber in den internationalen Beziehungen: Denunzierung, Unterstellung und Verweigerung eines fairen Dialogs? Cui bono? Jetzt wo es darauf ankommt, wieder Massen auf die Straße zu bringen, um der Entwicklung Richtung Weltkrieg Einhalt zu gebieten!“

 

3. WIDER DENUNZIATORISCHE KOMMUNIKATION – VOLKSFRONT STATT QUERFRONT
Von Wolfgang Gehrcke und Christiane Reymann (16. Januar 2015)

Die Autoren fordern eine kritische Auseinandersetzung mit Aktionen der Friedensbewegung, ihren Schwächen, ihren Forderungen und Trägern, Trägerinnen. Sie schreiben: „Im Frühjahr und Sommer haben sich in fast 90 Städten Tausende in Montagsmahnwachen für Frieden engagiert, Menschen mit ganz unterschiedlichen Weltbildern. Mancherorts haben Rechte versucht, diese Bewegungen zu beeinflussen, auch zu dominieren. Das kennen wir von den Hartz IV-Protesten. Umso erstaunlicher, dass der Parteivorstand der LINKEN bereits im Mai 2014 genau wusste, dass sich in den Montagsmahnwachen „Rechtspopulisten, Nationalisten, Verschwörungstheoretiker und Antisemiten“ tummeln, die „rechtspopulistische Welterklärungsmuster und ‚Querfront’-Strategien salonfähig“ machen wollen. Das ganze Programm also an Anklagepunkten, die aus der Geschichte kommunistischer Bewegungen nur allzu bekannt sind, aktualisiert um „Antisemitismus, Rassismus und Homo-/Transfeindlichkeit.“ (Beschluss-Nr: 2014/215 v. 25./26.Mai 2014)“.
Die Autoren wenden sich ganz entschieden gegen denunziatorische Züge, mit der die Auseinandersetzung um die neue Friedensbewegung in linken Kreisen geführt wird, wofür sie zahlreiche Zitate anführen, die sie als polemische Personalisierungen oder Lügen dechiffrieren.

 

4. NEIN ZU KRIEG UND KONFRONTATION
Die Friedensbewegung – zerstritten, gespalten, zergliedert
Von Wolfgang Bittner (21. Januar 2015)

Der „Friedenswinter 2014/2015“ mit der Demonstration im Dezember vor dem Schloss Bellevue steht nach Ansicht des Autors in der langen Tradition der einst mächtigen Friedensbewegung. Daneben gebe es die Mahnwachen oder Montagsdemonstrationen. Dabei gehe es gegen die Verschärfung des Krieges in der Ukraine, gegen die Ausspähung der Bevölkerung durch die US-amerikanische National Security Agency (NSA) und auch gegen die Einseitigkeit der Medien gehe. Da „nicht wenige Demonstranten unter dem Motto ‚Bei uns gibt es alle Farben‘ ganz offensichtlich der rechten Szene an(gehörten)“, hätten VVN/BdA, die Partei Die Linke und Gewerkschaften vor einer Teilnahme gewarnt. Hier drohe, so Wolfgang Bittner, „eine Spaltung der Friedensbewegung, weil an den Montagsdemonstrationen in den verschiedenen Orten Pazifisten, Ostermarschierer, Linke, Sozialdemokraten oder Gewerkschafter teilnehmen, was ihnen dann zum Vorwurf gemacht wird.“
Die Menschen litten unter der Entsolidarisierung in der Gesellschaft. Das mache sich unreflektiert Luft in einer Bewegung wie der Pegida, die nichts mit der Friedensbewegung zu tun habe. Es sei eine brandgefährliche Situation entstanden. Aber dadurch ändere sich nichts, denn, so Bittner: „Die Demonstranten fordern nicht ihre in der Verfassung verbürgten Rechte ein, sondern sie verlangen ein starkes Deutschland ohne Islam, sie wenden sich gegen Menschen, denen es noch schlechter geht als ihnen. Und die Politiker fragen bisher nicht nach den Motiven so einer Protestbewegung, sie ignorieren zum Beispiel die Ursachen der Flüchtlingsströme aus den zerstörten Ländern (zerstört von wem und warum?)“.
Es werde in letzter Zeit mehr und mehr ehrabschneiderisch gegen Menschen polemisiert, die sich für Frieden und gegen Militarisierung wenden. „Da sollen offensichtlich auch kritische Publizisten zum Schweigen gebracht werden, indem man ihnen durch Diffamierungen die Existenz entzieht.“ Bittner hält dagegen: „Ist jemand ein Antiamerikaner, Verschwörungstheoretiker, Putinversteher, Querfrontler oder was auch immer, wenn er die Frage stellt: Müssen wir, die wir für Frieden eintreten, jemanden maßregeln, der neben uns „undifferenziert“, „einseitig“, „platt“ oder „simpel“ gegen die Ungeheuerlichkeiten demonstriert, die uns geboten werden? Wer will hier wem das verbürgte Recht zu demonstrieren aberkennen, soweit nicht offensichtlich gegen die Grundsätze der Verfassung verstoßen wird? Ich bin kein Meinungswächter in einer Atmosphäre geschürter Terrorismushysterie, die offensichtlich von den eigentlichen Problemen unserer Gesellschaft ablenken soll.“
Bittner stellt sich jeglicher Form von Gewalt entgegen und distanziert sich von Mitdemonstranten, die neonazistische, menschenverachtende Ansichten vertreten. Doch er ist bereit, „mit Mitdemonstranten darüber zu diskutieren, ob sich die israelische Regierung völkerrechtswidrig verhält, ob Deutschland ein Einwanderungsland ist, ob das Schlagwort von der ‚Willkommenskultur‘, nur die Phrase einer saturierten Politikerkaste und ihrer Sprachrohre ist und ob sich die deutsche Politik nicht gegen das aggressive, verbrecherische Machtstreben US-amerikanischer Wirtschaftseliten abgrenzen müsste.“ Es sei „an der Zeit, dass Millionen auf die Straße gingen, alle, die intellektuell oder intuitiv begriffen haben, worum es geht: Um die Bewahrung des akut gefährdeten Friedens.“
5. WIRD DIE NEUE FRIEDENSBEWEGUNG MIT IHREM PROTEST GEGEN MILITARISIERUNG DER POLITIK UND KONKRET GEGEN DIE KRIEGERISCHE AUSEINANDERSETZUNG IN DER UKRAINE DURCHHALTEN UND EIN ANGEMESSENES ECHO FINDEN?
Verantwortlich: Albrecht Müller (23. Januar 2015)

Die Diffamierung der Proteste des vergangenen Jahres inklusive der Friedensdemonstrationen vom 13.12.2014 („Friedenswinter“) war nach Ansicht des Autors machtvoll und erfolgreich. „Sie hat Kreise erreicht, die früher zur Friedensbewegung zählten und die man landläufig als links und linksliberal einstufen könnte. Diesen Eindruck gewann ich bei Freunden aus der früheren Friedensbewegung, die an den neuen Versuchen des Protestes zweifelten, u.a., weil sie im Blatt, dem sie seit Jahrzehnten vertrauen, in der Frankfurter Rundschau, am 12.12.2014 dieses lasen: „Die sogenannte Friedensbewegung eint die Ablehnung der liberalen Gesellschaft“; sie fände ihren Nachwuchs unter „Rechtspopulisten, Nationalisten, Verschwörungstheoretikern und Antisemiten“ Eine derartige Agitation hat nach meinem Eindruck viele potentiellen Unterstützer einer neuen Friedensbewegung erreicht. Albrecht Müller

 

Ein  Schwachpunkt der Friedensbewegung ist die Tendenz, auf Abstand zu den von den NATO-Mächten angegriffenen Regierungen zu gehen. Daher werden zur Rolle Russlands in der Weltpolitik noch folgende Analysen dokumentiert:
1. RUSSLAND: „IMPERIALISTISCHES LAND“ ODER WIDERPART DES IMPERIALISMUS ?
Von Klaus Hartmann
Aus: „Freidenker“ Nr. 4-2014, S. 44-56

2. ABSTAND ZU RUSSLAND HEISST UNTERSTÜTZUNG DES EIGENEN IMPERIALISMUS
Von Kommunistische Arbeiterzeitung (Dezember 2014)
http://www.kaz-online.de/artikel/aequidistanz-zu-russland-heisst-unterstuetzung-des-eigenen-imperialismus

3. NATO – WELTMACHTPOLITIK UND SCHWELLENLÄNDER.
Gibt es eine neue Systemkonfrontation zwischen staatsmonopolistischem Kapitalismus und Staatskapitalismus?
Von Klaus von Raussendorff
Aus: Frieden statt Nato, Beilage von „junge Welt“ vom 10.01.2015